Kurzantwort

Wird ein nicht unerhebliches Gefahrenpotential eröffnet, das auch Minderjährige betrifft, bedarf es dazu grundsätzlich der Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Einer Einwilligung bedarf es darüber hinaus, wenn mit einer Schulmaßnahme eine nicht nur unerhebliche Grundrechtsbeeinträchtigung der nicht volljährigen Schülerinnen und Schüler einhergeht.

 

In diesem Zusammenhang bedarf es einer Einzelfallabwägung, ob die Minderjährigen selbst in die Grundrechtsverletzung einwilligen können, oder ob es (zusätzlich) auf die Erklärung der Erziehungsberechtigten ankommt. Während es bis zum 12. Lebensjahr ausschließlich der Erklärung der Erziehungsberechtigten und mit Volljährigkeit ausschließlich der des Schülers oder der Schülerin bedarf, muss in der Phase zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr die Einsichtsfähigkeit der Minderjährigen berücksichtigt werden.

Ausführliche Antwort

Vorbemerkung

Sofern mit der Bereitstellung von Diensten oder der Gestattung der Internetnutzung nicht ganz unerhebliche Gefahren für die Schülerinnen und Schüler verbunden sind, bedarf diese einer Einwilligung der Betroffenen und/oder ihrer Erziehungsberechtigten. Dies liegt daran, dass sowohl die Schulen als auch die Eltern Erziehungsaufgaben wahrnehmen.

Kollision der Interessen

Bedingt durch unterschiedliche Ansichten zu Einzelfragen kann es - wie im Offline-Bereich die Diskussion um den Sexualkundeunterricht gezeigt hat - zu einer Kollision der Einzelinteressen von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften kommen. Wer dabei letztlich die Entscheidung trifft, welche Inhalte und Mittel die Erziehung fördern, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Risiken, die mit der Nutzung einhergehen, abzuwägen.

Risiken des Internets

Rechtswidrige Inhalte

Selbst bei äußerster Vorsicht geht mit der Internetnutzung ein Risiko für Kinder und Jugendliche einher. Zum einen besteht die Gefahr ungewollter Konfrontation mit rechtswidrigen Inhalten.

Anonymität des Internets

Zum anderen resultieren aus der Anonymität des Internets ganz eigene Gefahren. So kann der Kommunikationspartner nicht ohne weiteres erkennen, welches Alter die Person hat, mit der er kommuniziert. Eine Schülerin oder einen Schüler kann zum Beispiel nicht erkennen, ob sich hinter einer E-Mail-Adresse oder einer Chat-Kennung ein Kind, eine Großmutter oder ein Pädophiler verbirgt. Auch die Bestellung von Waren außerhalb des Unterrichts unter Angabe der im Unterricht genutzten E-Mail-Adresse ist ein Szenario, welches durchaus einen realen Bezug hat.

Eingriff in Grundrechte

E-Mail und Nutzungsdaten

Ebenfalls von einer Einwilligung abhängig ist der Eingriff in Grundrechte der Schülerinnen und Schüler. Eine solche Berührung grundrechtlich geschützter Positionen liegt zum Beispiel vor, wenn die Schule Einblick in die private E-Mail-Kommunikation nehmen will, welche die betroffene Person in der Bibliothek vornimmt. Auch die Protokollierung von Nutzungsdaten zur späteren Auswertung stellt einen solchen einwilligungsbedürftigen Eingriff dar.

Kumulative Einwilligung von Betroffenen und Erziehungsberechtigten

Volljährigkeit

Knüpft man die Fähigkeit, selbst in eine Grundrechtsverletzung einzuwilligen, ausschließlich an die Volljährigkeit, ist bis zur Volljährigkeit der Schülerinnen und Schüler allein auf die Einwilligung der Eltern abzustellen.

Einsichtsfähigkeit

Die Volljährigkeit ist aber nicht der einzige in Betracht kommende Maßstab. Darüber hinaus existiert eine Reihe von Entscheidungen zur Frage, wer in die Veröffentlichung von Photos, die Minderjährige zeigen, einwilligen kann. Dabei wird teilweise die Auffassung vertreten, dass eine Veröffentlichung nur bei der kumulativen Zustimmung des Minderjährigen und der Erziehungsberechtigten erfolgen kann.

 

Weitgehend unproblematisch ist die alleinige Einwilligungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten bei Schülern bis 12 Jahre, da diese im Regelfall die Einsichtsfähigkeit nicht aufweisen, sowie die alleinige Einwilligungsfähigkeit volljähriger Schülerinnen und Schüler.

Notwendigkeit kumulativer Einwilligung

Da die Problematik gerichtlich bisher nicht geklärt ist, sollte die Schule aus Vorsichtsgründen bei 12-18-jährigen die Einwilligung der Schülerinnen und Schüler und der Erziehungsberechtigten einholen. Wird die Einwilligung nur von einem Teil erteilt, von anderen aber verweigert, muss die Schule im Einzelfall abwägen, ob der oder die Jugendliche bereits die Einsichtfähigkeit besitzt, über das betroffene Rechtsgut selbst zu verfügen. Dann nämlich bedarf es (von den Fällen abgesehen, in denen das Gesetz die Volljährigkeit voraussetzt) einer Zustimmung der Eltern nicht.

Praktische Umsetzung

Nutzungsvereinbarung

Die Einwilligung muss nicht für jede Maßnahme aufs Neue eingeholt werden, sondern kann auch im Hinblick auf eine Vielzahl von Fällen abgegeben werden. Um sicher zu gehen, dass die Einwilligung nicht vergessen wird, kann diese zum Beispiel über eine umfassende Nutzungsvereinbarung eingeholt werden.